Mitarbeiterbefragung Anbieter: ein Vergleich für die richtige Wahl
Die Auswahl des richtigen Anbieters entscheidet darüber, ob eure Mitarbeiterbefragung zum strategischen Erfolg wird oder in der Schublade verstaubt. Laut Pendell (2018) nutzen nur 8 % der Unternehmen die Erkenntnisse aus Mitarbeiterbefragungen tatsächlich für konkrete Verbesserungen – ein alarmierender Wert, der zeigt, wie wichtig die richtige Wahl des Ansatzes ist.
Als HR-Verantwortliche:r stehst du vor einer Vielzahl von Optionen: Vom kostenlosen Microsoft Forms bis hin zu komplexen Enterprise-Lösungen. Jeder Mitarbeiterbefragungsanbieter verspricht dir die beste Lösung, doch welche passt wirklich zu deinen Zielen und Ressourcen?
In diesem Artikel erhältst du einen Überblick über die verfügbaren Optionen – von traditionellen Dienstleistern für Mitarbeiterbefragungen bis hin zu innovativen Bottom-up-Tools. Wir beleuchten die Vor- und Nachteile der einzelnen Optionen und zeigen dir, wann welcher Ansatz am besten geeignet ist. Unser Ziel: Dir eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu bieten, die auf unserer praktischen Erfahrung basiert.
Inhaltsverzeichnis
Warum Unternehmen Mitarbeiterbefragungen durchführen
Bevor wir die verschiedenen Mitarbeiterbefragungsanbieter betrachten, sollten wir verstehen, warum Unternehmen überhaupt in Mitarbeiterbefragungen investieren.
Es gibt nämlich viele verschiedene Gründe für das Einholen von Mitarbeiterfeedback:
- Zufriedenheit und Engagement messen steht nach wie vor im Zentrum vieler Befragungen. Unternehmen möchten herausfinden, wie es den Mitarbeitenden geht und welche Faktoren ihr Engagement fördern oder behindern. Diese Engagementtreiber lassen sich durch gezielte Befragungen präzise messen und verbessern.
- Change Management und Transformationsunterstützung haben besonders in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Unternehmen nutzen regelmässige Puls-Umfragen, um den Fortschritt von Veränderungsprozessen zu verfolgen und frühzeitig Kurskorrekturen vorzunehmen.
- Die forschungsbasierte Erkenntnisgewinnung wird immer wichtiger. Moderne Befragungen helfen dabei, Burnout-Risiken zu erkennen, Stressfaktoren zu identifizieren und die Effektivität von Wellbeing-Programmen zu messen.
- Führungsqualität bewerten und entwickeln ist ein weiterer zentraler Grund für das Einholen von Rückmeldungen aus dem Unternehmen. 360-Grad-Feedbacks ermöglichen es, Führungskompetenzen systematisch zu entwickeln und den Einfluss von Führung auf Teamerfolg zu messen.
- Schliesslich können Mitarbeiterbefragungen auch eine solide Datengrundlage für strategische HR-Entscheidungen schaffen. In einer Zeit, in der datengetriebene Entscheidungen immer wichtiger werden, haben sich Mitarbeiterbefragungen zu einem wertvollen Baustein der People Analytics von Unternehmen entwickelt.
Mitarbeiterbefragung Anbieter: Alle Optionen im Überblick
Die Landschaft der Anbieter von Mitarbeiterbefragungen ist komplex und vielfältig. Jede Option hat ihre Berechtigung – entscheidend ist, dass sie zu deinen spezifischen Bedürfnissen passt. Hier ist eine Übersicht:
Option 1: Nichts tun
Die einfachste Option ist, die Umfrage gar nicht erst durchzuführen. Hier überwiegen die Nachteile, auch wenn nichts tun in gewissen Fällen legitim sein kann.
Vorteile:
- Keine unmittelbaren Investitionen oder Aufwände erforderlich
- Kein Risiko enttäuschter Erwartungen bei Mitarbeitenden
- Fokus auf andere HR-Prioritäten möglich
Nachteile:
- Entfremdung der Mitarbeitenden und grössere Distanz zwischen Unternehmen bzw. Führung und Mitarbeitenden
- Früherkennung von Problemen wie Burnout sehr schwierig oder unmöglich
- Erhöhtes Risiko von Fluktuation und sinkender Produktivität
- Fehlende Datengrundlage für strategische (HR-)Entscheidungen
Beste Einsatzszenarien: Diese Option eignet sich in erster Linie für sehr kleine Unternehmen (unter 20 Mitarbeitende), in denen andere intensive Feedback-Formate etabliert sind. In allen anderen Fällen überwiegen die Vorteile die Nachteile deutlich.
Option 2: Allgemeine Umfragetools
Allgemeine Umfragetools sind Tools, die für jegliche Art von Umfragen konzipiert sind. Diese Tools erlauben die Durchführung einfacher Umfragen und sind häufig in Unternehmen bereits verfügbar oder einfach und kostengünstig zu erwerben.
Konkrete Beispiele: Microsoft Forms (oft in Office 365 enthalten), Google Forms (kostenlos), SurveyMonkey
Vorteile:
- Kostengünstig oder sogar kostenlos verfügbar
- Schnelle Einrichtung
- Hohe Flexibilität bei der Gestaltung der Befragungen
Nachteile:
- Befragungen müssen von Grund auf konzipiert und erstellt werden
- Zeitaufwändige manuelle Analyse der Ergebnisse
- Keine automatischen Handlungsempfehlungen oder Benchmarks
Beste Einsatzszenarien: Ideal für kleinere Unternehmen (20-100 Mitarbeitende), erste Pilotprojekte oder sehr spezifische, einmalige Forschungsfragen mit begrenztem Budget.
Option 3: Traditionelle Anbieter von Mitarbeiterbefragungen
Diese Kategorie umfasst etablierte Mitarbeiterbefragungsdienstleister mit jahrzehntelanger Erfahrung und wissenschaftlich fundierten Ansätzen. Diese Anbieter haben häufig eine bestimmte Befragungsmethodik entwickelt und verkaufen die Durchführung und Auswertung von Umfragen als Dienstleistung.
Konkrete Beispiele: Willis Towers Watson, Korn Ferry
Vorteile:
- Langjährige Erfahrung und bewährte Methodik mit validierten Fragen
- Detaillierte statistische Analysen und Berichte
- Branchenbenchmarks und Vergleichsdaten
Nachteile:
- Lange, oft umständliche Umfragen
- Berichte häufig sehr theoretisch und wenig praxisorientiert
- Langsame Reaktionszeiten – Wochen bis Monate bis zum Ergebnisbericht und der Rückmeldung an die Mitarbeitenden
- Hohe Kosten und wenig Flexibilität bei Anpassungen
- Fokus auf Führung und HR als Nutzende, wenig direkter Nutzen für Teams
Beste Einsatzszenarien: Unternehmen, die regelmässig eine Vielzahl von Mitarbeitenden-KPIs messen möchten oder die primär Benchmarking und Compliance-Dokumentation benötigen (z. B. für ISO-Zertifizierung).
Option 4: Feedback-Module von HR-Suites
Viele Unternehmen nutzen bereits umfassende HR-Systeme, welche für die Personalverwaltung, Gehaltsabrechnung, Zeiterfassung und weitere HR-Kernfunktionen eingesetzt werden. Diese beinhalten häufig auch Feedback-Module zur Durchführung von Mitarbeiterbefragungen.
Konkrete Beispiele: SAP SuccessFactors, Workday
Vorteile:
- Integriert in bestehende HR-Infrastruktur
- Einheitliche Datenhaltung
- Kosteneffizienz durch bereits vorhandene Lizenz
Nachteile:
- Oft begrenzte und wenig spezialisierte Feedback-Funktionalitäten
- Geringe Nutzerfreundlichkeit und schlechte User-Experience
- Fokus auf Compliance und Dokumentation statt auf Erkenntnissen
- Wenig Flexibilität bei der Anpassung an spezifische Bedürfnisse
- Erfordert Zeit vom HR und Management für die Arbeit mit den Ergebnissen
Beste Einsatzszenarien: Unternehmen, die bereits eine HR-Suite nutzen und primär KPIs messen möchten oder Compliance-Dokumentation benötigen (z. B. für ISO-Zertifizierungen).
Option 5: Spezialisierte Employee-Engagement-Plattformen
Diese Plattformen sind darauf spezialisiert, das Engagement der Mitarbeitenden durch kontinuierliche Umfragen und datengetriebene Erkenntnisse zu steigern. Sie beinhalten häufig Module für Mitarbeiterbefragungen, Performance Management, Zielvereinbarungen, berufliche Weiterentwicklung etc.
Konkrete Beispiele: Leapsome, Officevibe
Vorteile:
- Moderne, benutzerfreundliche Oberflächen
- Kontinuierliche Pulse-Umfragen statt punktueller Grossbefragungen
- KI-gestützte Insights und automatisierte Handlungsempfehlungen
- Umfassende Analytics und Dashboards
Nachteile:
- Oft hohe Implementierungs- und Schulungsaufwände
- Standardisierte Ansätze mit begrenzter kultureller Anpassung
- Fokus auf Management-Dashboards, weniger auf Team-Empowerment
- Komplexität durch umfangreiche Featuresets kann überfordern
- Erfordert Zeit vom HR und Management für die Arbeit mit den Ergebnissen
Beste Einsatzszenarien: Unternehmen, die möglichst wenig Aufwand bei der Durchführung von regelmässigen, automatisierten Umfragen haben möchten, keine individuellen Anpassungen benötigen und in erster Linie Daten erheben und visualisieren möchten.
Option 6: Moderne Bottom-up-Tools
Eine neue Kategorie von Anbietern konzentriert sich darauf, nicht nur Feedback einzuholen und kontinuierlich Daten zu erheben, sondern auch Teams direkt zu befähigen, eigenständig Verbesserungen umzusetzen und ihre Zusammenarbeit sowie ihr Arbeitsumfeld zu gestalten. Unser Tool Pulse Feedback ist ein Beispiel für diese Kategorie.
Konkrete Beispiele: Pulse Feedback, Joineer
Vorteile:
- Sehr schnelle Umsetzung von Feedback in konkrete Massnahmen
- Bottom-up-Ansatz fördert Eigenverantwortung und Engagement
- Einfache, intuitive Bedienung ohne Schulungen
- Förderung einer konstruktiven Feedbackkultur und eines Klimas von Vertrauen und psychologischer Sicherheit
- Entlastung zentraler HR-Ressourcen durch dezentrale Verantwortung
Nachteile:
- Weniger geeignet für die Erhebung einer grossen Zahl von KPIs gleichzeitig, da Fokus auf wenige Fragen pro Umfrage
- Zusätzliche Lösung, die in bestehende Toollandschaft integriert werden muss
- Offenheit der Entscheider für einen modernen Ansatz notwendig
Beste Einsatzszenarien: Moderne, agile Unternehmen (50-2000 Mitarbeitende), die Eigenverantwortung und lokale Verbesserungen fördern möchten. Besonders geeignet für Organisationen, die eine konstruktive Feedbackkultur entwickeln möchten.
Die richtige Wahl treffen: Entscheidungshilfe für dein Unternehmen
Nach diesem Überblick über die verschiedenen Mitarbeiterbefragungsunternehmen stellt sich die Frage: Welcher Ansatz passt am besten zu deiner Organisation und zu euren Bedürfnissen? Hier sind fünf konkrete Fragen, die du dir stellen kannst, um die richtige Wahl zu treffen.
Möchtet ihr in erster Linie KPIs messen und Daten sammeln oder Engagement fördern und Veränderungen ermöglichen?
Wenn es euch darum geht, etablierte und wissenschaftliche Standardbefragungen durchzuführen, regelmässig KPIs zu messen und keine grossen Ansprüche an die Individualisierung habt, sind traditionelle Mitarbeiterbefragungsanbieter oder spezialisierte Employee-Engagement-Plattformen die beste Lösung, je nach Anwendungsfall auch die Feedbackmodule von HR-Suiten.
Wenn ihr nicht nur messen und Entscheidungsgrundlagen für Entscheider:innen im Top-Management schaffen möchtet, sondern spürbare Verbesserungen im ganzen Unternehmen ermöglichen wollt, dann sind moderne Bottom-up-Tools die richtige Wahl für euch. Denn das Durchführen der Umfrage ist weniger als die halbe Miete. Die zielführende Übersetzung der Ergebnisse in konkrete, wirksame Massnahmen ist bei Bottom-up-Ansätzen viel einfacher und effektiver als bei allen anderen Ansätzen.
Wie gross ist dein Unternehmen?
Unternehmen unter 50 Mitarbeitenden profitieren oft am meisten von sehr einfachen, kostengünstigen Tools. Für mittlere bis grosse Unternehmen (50-2'000 Mitarbeitende) sind spezialisierte Employee-Experience-Plattformen oder moderne Bottom-up-Tools meist optimal. Für grosse Konzerne (2000+ Mitarbeitende) kann die Robustheit traditioneller Anbieter oder umfassender HR-Suiten manchmal von Vorteil sein.
Wie gross sind eure zeitlichen und fachlichen Ressourcen?
Kostenfreie oder sehr günstige Tools benötigen zwar wenig Budget aber viel Zeit und Expertise. Wenn ihr beides und grosse Ansprüche an die Individualisierung der Umfrage habt, können allgemeine Umfragetools die richtige Wahl sein. In den meisten Fällen lohnt es sich aber, von den dedizierten Funktionen, der Automatisierung und dem Fachwissen spezialisierter Tools und Dienstleister zu profitieren.
Wie viel Individualisierung ist euch wichtig?
Könnt ihr gut mit einer Standardlösung leben oder möchtet ihr Anpassungen machen, z. B. an den Umfrageinhalten oder der Frequenz der Befragung. Allgemeine Umfragetools und moderne Bottom-up-Tools ermöglichen euch eine grosse Individualisierung, standardisierte Ansätze von traditionellen Anbietern, HR-Suiten und Employee-Engagement-Plattformen nur in eingeschränktem Masse.
Wie viel Zeit habt ihr für die Implementierung?
Wenn du schnelle Ergebnisse benötigst, sind allgemeine Tools oder Bottom-up-Tools ideal (wenige Tage bis Wochen). Auch traditionelle Mitarbeiterbefragungsanbieter können in der Regel schnell starten, benötigen aber meist einige Wochen für die Lieferung des Ergebnisberichts. Spezialisierte Plattformen brauchen je nach Unternehmensgrösse Wochen bis Monate für die Implementierung.
Bist du dir unsicher, welcher Anbieter am besten zu deinem Unternehmen passt?
- Welcher Ansatz ist am zielführendsten für mein Unternehmen?
- Welche Stolpersteine muss ich beachten?
- Wie wäge ich die Vor- und Nachteile der verschiedenen Ansätze am besten ab?
Wir beantworten gerne deine Fragen zur Auswahl des passenden Anbieters – mit konkreten Tipps und Erfahrungswerten aus unserer Praxis.
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Fazit: Der Weg zur erfolgreichen Mitarbeiterbefragung
Die Auswahl des richtigen Anbieters ist mehr als eine Technologie-Entscheidung – sie bestimmt fundamental, ob deine Mitarbeiterbefragung zu echter Verbesserung führt oder als «HR-Initiative» verpufft.
Unsere Analyse zeigt: Traditionelle Grossbefragungen haben nach wie vor ihren Platz in Unternehmen jeglicher Grösse, leiden aber oft unter geringer Praxisrelevanz. Allgemeine Umfragetools sind kosteneffizient, erfordern aber erhebliche interne Expertise. Module von HR-Suiten bieten einfache Integration, oft jedoch auf Kosten der User-Experience.
Spezialisierte Employee-Engagement-Plattformen bieten viele Features, können aber durch Komplexität überfordern. Der aufkommende Bottom-up-Ansatz zeigt vielversprechende Ergebnisse, indem er Feedback direkt dort verankert, wo Veränderung stattfinden muss: in den Teams selbst.
Das Feedback der Mitarbeitenden schafft nur dann Wert, wenn es zu konkreten Massnahmen führt. Klein et al. zeigten bereits 1971, dass Mitarbeitende frustriert sind, wenn ihre Meinungen nicht genutzt werden. Moderne Anbieter gehen daher über die reine Datensammlung hinaus und unterstützen Organisationen beim Schritt von den Daten zu Erkenntnissen und konkreten Handlungen.
Die Zukunft gehört Anbietern von Mitarbeiterbefragungen, die nicht nur messen, sondern befähigen – Teams, Führungskräfte und ganze Organisationen dazu zu bringen, Feedback als kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu leben. In einer Zeit, in der Agilität und Eigenverantwortung entscheidende Wettbewerbsvorteile sind, wird dieser kulturelle Wandel vom Nice-to-have zur Notwendigkeit.
Die Wahl liegt bei dir: Möchtest du mit deinen Mitarbeiterbefragungen primär Daten und Kennzahlen messen oder handlungsleitende Erkenntnisse und wirksame Veränderungen erzielen? Je nach Antwort wird deine Entscheidung für den passenden Anbieter für eure Mitarbeiterbefragung klar.
Literatur
Klein, S. M., Kraut, A. I., & Wolfson, A. (1971). Employee reactions to attitude survey feedback: A study of the impact of structure and process. Administrative Science Quarterly, 16(4), 497-514.
Pendell, R. (2018, August 28). 10 ways to botch employee surveys. Gallup Workplace. https://www.gallup.com/workplace/240197/ways-botch-employee-surveys.aspx