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Im deutschen Sprachraum blühen schon seit geraumer Zeit die Kulturlandschaften: Akzeptanzkulturen tummeln sich neben Diskussionskulturen und Sicherheitskulturen verhaken sich in Freiheitskulturen. Vielleicht fragst du dich deshalb: «Brauchen wir da auch noch eine Feedbackkultur?» – Ja, weil gutes Feedback längst ein wirtschaftlicher Erfolgsfaktor ist!
Wie Feedback oft ankommt
Laut einer Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes von 2019 hat fast die Hälfte der befragten Angestellten Angst, sich an ihre Vorgesetzten zu wenden (DGB 2019). Das einzige, was sie von «oben» kennen und dementsprechend erwarten, ist destruktive Kritik. Feedback wird vor allem als Machtdemonstration der Vorgesetzten wahrgenommen – also besser gar nicht erst ein Gespräch ersuchen.
Lob? Vielen Vorgesetzten wird nachgesagt, nicht allzu gerne zu loben. Sie wollen lieber «optimieren». Dass das mit Wertschätzung und über wechselseitiges Vertrauen womöglich viel besser gelingt, spricht sich langsam auch in unserem Wirtschaftsraum herum. Die Erkenntnis wächst, dass Feedback nicht nur ein «weiches» Nischenthema ist, das dem Betriebsklima dient – sondern dass eine gute Kommunikations- und Feedbackkultur sich auch wirtschaftlich auszahlt (Heer 2019).
Wie es sein sollte: Was ist Feedback?
In vielen Unternehmen im DACH-Raum Europa beschränkt sich Feedback aber oft noch auf das jährlich stattfindende Mitarbeitendengespräch. Das ist an sich schon eine sehr eingeschränkte Vorstellung von Feedback. Wenn dann auch noch das Feedback in diesem Gespräch als blosse Beurteilung daherkommt, ist schon alles falschgelaufen (Schielke 2019). Die Aufgabe von Feedback ist nicht, Leistung zu beurteilen, sondern Talente zu entwickeln (Herzog 2020).
Feedback heisst wörtlich Rückkoppelung. Es geht um Signale, die wir empfangen und die uns zu verstehen geben, wie wir vom Anderen wahrgenommen werden. Daraus können wir Schlüsse ziehen und lernen (Schielke 2019). Feedback sollte eine regelmässige Rückmeldung über unsere Leistung, Verhalten und Wirkung auf Dritte sein. Im Idealfall erreicht sie uns offen und achtsam. Dann ist Feedback konstruktiv, ermutigend und motivierend.
Abwertendes und destruktives Feedback untergräbt hingegen die Motivation – und das geschieht leider noch viel zu oft, wenn in den Chefetagen europäischer Unternehmen zum Gespräch gebeten wird (v. Kanitz 2022, S. 26). Viele Unternehmen müssen Feedback neu denken, um eine neue Feedbackkultur zu etablieren. Das Motto muss lauten: Niemand erhält zuviel Feedback, aber die meisten zu wenig (Engel 2020, S. 108).
US-Amerikanische Feedback-Leuchttürme
Dass eine offene und konstruktive Art des Feedbacks sich positiv auf die Unternehmens-Performance auswirkt, zeigt ein Blick über den Atlantik. In den USA leben viele Unternehmen schon eine grundlegend andere Kommunikationskultur. Eine Benchmark der Feedbackkultur im US-amerkanischen Markt hebt vier Unternehmen besonders hervor:
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Pixar: Die Pixar Animation Studios sind auf computeranimierte Filme spezialisiert: Toy Story, Findet Nemo oder Alles steht Kopf sind nur ein paar der Oscar-prämierten Filme von Pixar. Aber die progressiven Ansätze beschränken sich nicht auf Filmvisionen. An «Notes Days» ruht für einen Tag die Arbeit. Alle Mitarbeitenden tauschen in Gruppen ihre Gedanken zu verschiedenen Themen aus und geben offenes Feedback. Pixars Feedback-Konzept bedeutet: Jeder darf in einer offenen Kommunikationskultur seine Meinung einbringen. Alle Ideen sind willkommen. Aber die Feedbacknehmenden, z. B. die Regisseur:innen, bleibt die Entscheidungsfreiheit. Sie können, müssen aber die Hinweise nicht umsetzen (Razetti 2020).
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Patagonia: Der Outdoor-Ausrüster Patagonia ist nicht nur bekannt für nachhaltiges Wirtschaften und faire Lieferketten, sondern will auch fair gegenüber den eigenen Mitarbeitenden sein. Feedback hat für Patagonia also grundsätzlich zwei Richtungen: nach «oben» ist genauso wichtig wie nach «unten». Und damit die Ansichten auch bei der Unternehmensleitung ankommen, führt Patagonia regelmässig Umfragen zur Arbeitszufriedenheit durch (Heath 2019).
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Netflix: Der Streaminganbieter Netflix hat eine eigene Feedbackmethode implementiert, das «4A-Framework»: Aim to assist - Actionable - Appreciate -Accept or discard. Es geht also darum, dass das Ziel von Feedback immer sein muss, zu helfen. Zweitens muss Feedback sinnvoll, also umsetzbar («actionable») sein. Feedback muss ferner Wertschätzung für die Mitarbeitenden transportieren und schliesslich müssen diese die Freiheit haben, Feedbackempfehlungen anzunehmen oder zu verwerfen (StrategyPunk 2023).
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Bridgewater: Der Hedgefonds Bridgewater nutzt eine Feedback-App, über die Mitarbeitende Punkte an Kollegen und den CEO verteilen – und das für alle einsehbar. Bridgwater-CEO Ray Dalio nennt das: «Radikale Transparenz». Über diese radikale Feedbackkultur will Bridgewater sicherstellen, dass die besten Ideen immer nach «oben» durchdringen. Dalio akzeptiert uneitel Meinungsäusserungen zur persönlichen Performance – im Interesse der Performance des gesamten Unternehmens (Vakil 2019).
Das sind nur vier Beispiele, wobei Bridgewater natürlich das extremste ist. Gemein haben alle, dass Feedback grundsätzlich in alle Richtungen funktioniert und Mitarbeitende als Mitentscheidende ernst genommen werden. Das ist der genau der Feedback-Spirit, der – auch wenn nicht jeder Ansatz sich für jedes Unternehmen eignet – vorherrschen sollte, damit die Errichtung einer produktiven Feedbackkultur gelingen kann.
USA – Europa: Wie gelingt der Kulturtransfer?
Alle vier Firmen geben ein erfolgreiches Beispiel für Feedbackkultur. Nun wäre es allerdings nicht das erste Mal, dass sich Methoden aus den USA nicht eins zu eins in das wirtschaftliche Milieu Europas und der DACH-Region übertragen lassen. Wie sieht es also mit den US-amerikanischen Erfolgsfaktoren für Feedbackkultur aus?
Transparenz, Wertschätzung, Offenheit, Fairness: Das sind universale Werte, die sich in jeder Unternehmenskultur als Ideale eignen. Und Feedback selbst ist schliesslich auch keine neues Konzept: Seit Menschen zusammenarbeiten, gibt es Feedback. Vermutlich haben wir es nur früher anders genannt. Und tatsächlich lässt sich ein Trend erkennen, dass viele europäische Unternehmen vom klassischen jährlichen Mitarbeitergespräch abrücken und auf zeitgemässere Formen des Feedbacks setzen (Schielke 2019). Die neue Feedbackkultur mag in den USA ihren Ursprung haben, spezifisch amerikanisch ist sie nicht.
Vom jährlichen Feedbackgespräch hin zum kontinuierlichen Feedback in einer produktiven Feedbackkultur: Das ist kein leichter Weg. Unternehmen müssen einen Rahmen für feste Rituale schaffen, die auch Schwächen und Fehlern eine Bühne geben – ohne schlechte Gefühle auszulösen. Das bedarf es einer Atmosphäre, die Vertrauen und psychologische Sicherheit stärkt. Der Einsatz von Feedback-Tools wie Pulse Feedback hilft dabei, eine solche Atmosphäre zu schaffen und zu nähren.
Feedbackkultur in der Praxis
Das Feedbackkultur auch in Europa funktioniert, haben wir schon in zahlreichen Unternehmen beobachtet. So haben wir beispielsweise bei einem Schweizer Grossunternehmen eine messbare Feedbackkultur etabliert. Mit unserem Software Tool Pulse Feedback führen wir seit einigen Jahren mehrere kurze Umfragen pro Jahr durch. Die Feedbackkultur im Unternehmen konnten wir dadurch nachhaltig fördern: Immer mehr Kolleg:innen nahmen teil und brachten immer mehr konstruktives – und insbesondere auch kritisches Feedback ein. Was US-Firmen vorleben – Transparenz und Multidiraktionalität – lässt sich als Idee also sehr wohl auf europäische Firmen anwenden: natürlich individualisiert und massgeschneidert für das jeweilige Unternehmen.
Feedback mit Pulse Feedback
Mit Pulse Feedback lässt sich die Feedbackkultur messbar steigern: auch in deinem Unternehmen. Wir unterstützen dich gerne dabei. Melde dich bei uns für ein unverbindliches Erstgespräch!
Quellen
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) (2019): Jede/r Zweite hat Angst, mit dem Vorgesetzten über Probleme zu sprechen. Abgerufen von:
https://www.dgb.de/themen/++co++6ada86ee-1fbd-11e9-b77b-52540088cada
Heer, N. (2019): Gutes Feedback ist eine Frage von Führung. Interview ZEIT Online. Abgerufen von:
https://www.zeit.de/arbeit/2019-06/nora-heer-loopline-feedback-software-mitarbeiterzufriedenheit
Schielke, M. (2019): Wir brauchen eine neue Feedbackkultur. Radiobeitrag Deutschlandfunk Kultur. Abgerufen von: https://www.deutschlandfunkkultur.de/arbeitswelt-wir-brauchen-eine-neue-feedbackkultur-102.html
Vakil, T. (2019): Building a team culture where the best ideas win – Ray Dalio radical transparency. Abgerufen von: https://newageleadership.com/building-a-team-culture-with-ray-dalio-radical-transparency/
Heath, A. (2019): Spotlight on Patagonia: core values key to employee engagement. Abgerufen von: https://wethrive.net/employee-engagement/spotlight-patagonia-core-values-key-employee-engagement/
Razetti, G. (2020): How Pixar Designed a Culture of Collective Creativity. Abgerufen von: https://www.fearlessculture.design/blog-posts/pixar-culture-design-canvas
Engel, M. (2020): Besser Führen. Mit Haltung und Vertrauen zu Loyalität. München: UVK
Herzog, J. (2020): So stärken Sie die Feedbackkultur in Ihrem Unternehmen. Abgerufen von: https://www.umantis.com/personalentwicklung/feedbackkultur?akttyp=direkt&aktnr=84834&wnr=04393689&utm_id=84834%2F04393689&utm_source=direkt
StrategyPunk. (2023, September 9). How to give feedback, the Netflix way (FREE PDF Guide). Abgerufen von: https://www.strategypunk.com/how-to-give-feedback-the-netflix-way/
von Kanitz, A. (2022): Feedbackgespräche. Freiburg: Haufe